Logopädische Praxis Anne Meurer
Balbuties  (Stottern)

 

 

Definition

 

Stottern wird als auffallend häufige Unterbrechung des Sprechablaufs charakterisiert. Dabei kommt es zu plötzlichen Pausen vor einem Wort, Silben oder einem Laut. Verzögerungen und Dehnungen beim Aussprechen einzelner Buchstaben sind ebenso zu hören wie Wiederholungen von Wort- und Satzteilen.
Zitat: Angelika Schindler, 1998

Die Grundauffälligkeiten (Primärsymptome) sind:

  • Wiederholungen: "I-I-Ich muss mo-mo-morgens se-se-se-sehr früh aufstehen."
  • Dehnungen / Verlängerungen (Prolongationen):   "Am llliebsten trinke ich mmmorgens Kaffee."
  • Blockierungen: "Mein N-----ame ist ... ." (----- = Phase ohne Ton)

Stotternde Jugendliche und Erwachsene haben meist eine lange Lerngeschichte im Umgang mit ihren Sprechauffälligkeiten. Sie haben schon vielfach erfahren müssen, was es heißt, anders zu sprechen. Das Bewusstsein über die eigenen Auffälligkeiten sowie die vermuteten Reaktionen von Gesprächspartnern (erlebt / projiziert) haben dazu geführt, dass sich die Betroffenen nichts sehnlicher wünschen, als "unauffällig" zu sprechen. Aus diesem Grund kommt es zu Flucht- und Vermeidungsverhalten, um die vorhandenen Stottersymptome zu unterdrücken und zu verbergen. Ziel ist es, das Stottern um jeden Preis zu verhindern.

Die im Folgenden beschriebene Sekundärsymptomatik entwickelt sich aus den oben beschriebenen Erfahrungen. Es sind meist misslungene Versuche, das Stottern zu verhindern.

 

Sekundärsymptomatik (Begleitsymptome):

 

  • körperliche Reaktionen:
    • Anstrengungs- und Ankämpfverhalten (Fluchtverhalten)
    • Mitbewegung des Kopfes, der Arme / Beine
    • Atemauffälligkeiten
  • Vorbeugeverhalten / Vermeidungsverhalten:
    • Sprechabbrüche und neues Starten des Satzes
    • Ersetzen von Wörtern
    • Einschübe / Starter ("Ähm, also ich hätte da mal eine Frage."), um über leichtere Wörter oder Phrasen ins Sprechen zu kommen
    • Umschreibung
    • Auslassung ("Ich hab´s auf der Zunge")
    • Vermeidung von Blickkontakt
    • Vermeidung bestimmter Sprechsituationen
    • hüsteln / lachen
  • Emotionale Reaktionen : (der Teil des Stotterns, den man weder hören noch sehen kann)
    • Das häufigste Gefühl ist Angst
      • vor sozialer Ablehnung (erlebte, erwartete oder phantasierte Herabwürdigung durch andere Menschen),
      • vor dem Kontrollverlust der eigenen Sprechwerkzeuge und die die Unfähigkeit zu kommunizieren.
    • Die häufigsten Gefühle nach einem Stotterereignis sind Scham, Verlegenheit, Schuld, Frustration, Aggression.
    • Durch diese Gefühle kann es zur Tabuisierung, Bagatellisierung, Vermeidung und Verdeckung des Stotterns kommen.

 

Sonstige Auffälligkeiten:

 

  • vegetative Begleiterscheinungen (z.B. Schweißausbrüche, erhöhter Herzschlag etc.)
  • Atmung
  • Stimme
  • Prosodie
  • Haltung / Gestik / Mimik

Ein wichtiges Ziel in der Stottertherapie ist, die später erworbene / erlernte Begleitsymptomatik abzubauen, da sie in ihren "Auswucherungen" auffälliger und belastender ist als das eigentliche Stottern.

 

Therapieansatz

 

    •  nach Van-Riper:
      1. Identifikation: Fremd- und Selbstwahrnehmung des Stotterns
        • Häufigkeit
        • Art
        • Vermeidungsverhalten
        • Gefühle und Gedanken
        • Reaktionen anderer
      2. Desensibilisierung
        • Reduzierung der Sprechängste und anderer störender, emotionaler Zustände
        • Angstabbau gegenüber dem eigenen Stottern
        • Erstellen von Angsthierarchien und ihre Bewältigung
        • Abhärtung gegenüber Zuhörerreaktionen / Zeitdruck
        • Angstabbau gegenüber schwierigen Sprechsituationen
        • Experimentieren mit willentlichem Stottern (Pseudostottern)
        • In-Vivo-Arbeit: z. B. Fragesituation in Geschäften / auf der Straße
      3. Variation / Modifikation
        • sich von stereotypen Verhaltensmustern verabschieden
        • erfahren, dass man sein Stottern verändern, variieren und steuern kann
      4. Stabilisierung
        • die erlernten Fähigkeiten in den Alltag und in besonders schwierige und stressige Situationen übertragen
        • Bewältigung der Angst gegenüber Wörtern, Situationen und Personen
        • Förderung der Selbstsicherheit im Umgang mit den neuen Fähigkeiten
        • Vorbereitung und Umgang mit Rückfällen
  • Wendlandt / In-Vivo-Arbeit
  • Zückner / Intensivmodifikation Stottern
  • Breitfeldt und Lorenz / Stotterer-Selbst-Management-Programm
  • Elemente aus Stimmbildung und Gesang
  • Elemente aus der Atemtherapie
  • manuelle Arbeit
  • Elemente aus der Faszienarbeit nach Danis Bois
  • Entspannungsarbeit

 

 
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